Nun ist es schon etwa ein Jahr her, dass ich meine zis-Reise zu dem Thema "Die junge Filmszene in Frankreich" unternommen habe. Wenn ich jetzt über diese vier Wochen in Frankreich nachdenke, kommt mir unweigerlich ein Lächeln über die Lippen. Zu Anfang sah es gar nicht gut aus: Es fehlten mir trotz großer Anstrengungen die Kontakte. Die Unterkunft stand bei der Abreise noch nicht fest und eingefleischte Frankreichkenner schüttelten nur mit den Kopf bei dem Gedanken, dass ich mit 500,-€ vier Wochen in Frankreich überleben wollte. Dennoch machte ich mich auf die Reise, mit der Zustimmung meiner Betreuerin, die an mich und meinen Durchhaltewillen glaubte. Und jetzt erfüllt es mich mit Stolz, dass ich dieses Abenteuer gewagt habe, denn ich kann auf eine ereignisreiche und sehr schöne Zeit zurückblicken. Natürlich gab es auch Momente, in denen der Zweifel kam, der Zweifel an mir selbst und ob ich es schaffen würde, das Projekt auszuführen. Heimweh hatte ich zwar nicht aber es gab zu Anfang Momente, in denen alles hoffnungslos aussah. Es kamen mir die Tränen. Doch die Reise zeigte mir, dass ich mit einem Lächeln auf den Lippen viel weiter komme, als mit einer Träne im Auge.
Ich hatte zwar viel Glück auf meiner Reise, musste aber auch spontan und offen sein. Ich konnte nicht für die nächsten Wochen, Tage oder manchmal auch Stunden planen. Es blieb mir nur die Zuversicht, dass sich schon alles finden würde. Und das tat es auch immer. Fremde Personen wurden zu Freunden und Reisegefährten denen ich vertraute und an die ich mich gern und liebevoll erinnere. Insgesamt wohnte ich bei sieben ganz verschiedenen Menschen, durchquerte Frankreich vom Norden bis in den Süden. Ich wirkte bei einem Film als Statistin mit und spielte bei einem Übungsfilm eines angehenden Regisseurs sogar eine Hauptrolle. Am Ende blieb sogar noch Geld übrig.
Diese vier Wochen haben mir mehr gegeben als manche Jahre zusammen. Ich erlebte diese Zeit so intensiv, gerade weil ich Tagebuch schreiben musste und mich auf so viel Neues einließ. Die Reise hat mich in meiner Persönlichkeit stärker geprägt als mein Jahr in England. Ich gehe jetzt sehr viel selbstbewusster an neue Erfahrungen heran und weiß, dass ich mich auf mich verlassen kann. Nur so offenbaren sich manchmal Dinge, an die ich im Traum nicht gedacht hätte. Rückblickend staune ich immer noch, wie sich alles ineinander fügte und jeder Rückschlag eine Tür zu einer viel besseren Möglichkeit eröffnete.
Viele zis-Stipendiaten konnten ihre Reise besser planen, hatte eine konkrete Vorstellung davon, wohin sie gehen, was sie machen. Für mich war meine Art der Reise richtig - jeder Tag war unbestimmt und frei für spontane Entscheidungen. Es gab mir ein Gefühl von Freiheit. Ich war selbst dafür verantwortlich, ob es ein schöner oder langweiliger Tag wurde. Zoe, eine Australierin mit der ich mein Zelt teilte, sagte mir in der ersten Woche einen Satz, der für meine Reise der wichtigste war: "It's all a matter of perspective - Es ist alles eine Sache der Perspektive." Meine Sicht auf Ereignisse bestimmte schließlich, ob ich mich unterkriegen ließ oder die Chance zu etwas Besserem wahrnahm: Da war dieser unfreundliche Besitzer des Shakespeare & Company Buchladens, der mich anschrie und durchblicken ließ, dass er mich nie in seinem Haus kostenlos schlafen lassen würde, wie er es bei anderen Reisenden tat. Dafür nahm mich dann Nicolas in seiner Wohngemeinschaft auf. Ihm verdankte ich schließlich die Reisestationen im Elsass und in Südfrankreich.
"Das Leben besteht aus guten und aus schlechten Tagen - und meist liegt es an uns, wie diese Tage beschaffen sind" meinte auch John Steinbeck. Tage, an denen man auf einer zis-Reise ist, sind bestimmt keine schlechten.