Es gab viele kleine, unerwartete Glücksmomente auf meiner Reise. Als ich an einem Abend einen Mann vor seinem Haus nach dem Weg zum nächsten Zeltplatz fragte, lud er mich kurzerhand ein im Wohnwagen der Familie zu übernachten. Dieser Mensch, der mich noch keine fünf Minuten kannte, gab mir seinen Haustürschlüssel und kam erst am Abend wieder.Seine Frau kam abends von der Arbeit nach Hause - nicht mit dem Fahrrad oder dem Auto, sondern mit dem Flugzeug. Meine scheinbar sehr wohlhabenden Gastgeber luden mich ein mit ihnen zu essen und stellten mir viele Fragen zu meiner ungewöhnlichen Reise. Ich war überwältigt von der enormen Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die sie mir als einer ihnen völlig unbekannten Person entgegenbrachten.
Nachdem ich den Tag über in die Pedale getreten war, kam ich am nächsten Abend bei einem der Umweltprojekte an, die ich besuchen wollte. Dort wohnte ich bei einer jungen Familie,die auf einer Wiese in einer selbstgebauten Jurte ohne Strom- und Wasseranschluss lebte, Strom lieferte nur die Solarzelle auf dem Dach. Welch ein Unterschied zu meinen vorherigen Gastgebern,die keine 100 Kilometer entfernt ein so völlig anderes Leben führten!
Die letzte Begegnung auf meiner Reise hatte ich mit dem LKW-Fahrer,der mich mit meinem Fahrrad von Dover bis nach Hause mitnahm – ein Familienvater, der von Montag bis Freitag allein und isoliert auf Autobahnen und Rastplätzen lebt. Die Begegnungen mit all diesen Menschen prägten meine zis-Reise vom ersten bis zum letzten Tag und machten die Zeit mit all den Momenten und Begegnungen zu dem sicherlich intensivsten Monat meines bisherigen Lebens.Ich habe mich auf meiner Reise in keinem einzigen Moment allein gefühlt, immer konnte ich auf die Hilfsbereitschaft anderer Menschen vertrauen. Ich habe so große Offenheit erfahren,viele Menschen waren begeistert, wenn ich von der zis-Idee erzählte, ihnen hat es Spaß gemacht, Teil meiner Reise zu werden und mich zu unterstützen.
Ich habe auf meiner Reise erlebt, dass man auch mit ganz, ganz wenig glücklich sein kann.Dass nicht die materiellen Dinge das Glück im Leben ausmachen, sondern vielmehr unerwartete Momente und die Begegnung mit Menschen. Ich habe viele Menschen kennen gelernt, die einen ihren Zielen und Idealen entsprechenden Lebensstil auf radikale und konsequente Art anstreben. Aber auch Menschen,deren Leben von ganz anderen, viel existenzielleren Fragen dominiert ist. Von ihnen allen habe ich etwas lernen dürfen.
Mit dem Fahrrad habe ich auf meiner Reise auch selbst erlebt, wie es ist, mit ganz wenig unterwegs zu sein, sich auf das Wesentliche zu reduzieren und das eigene Tempo daran anzupassen. Ich habe in diesen vier Wochen, in den Stunden allein auf dem Fahrrad, bei der Arbeit in den Gemüsegärten und während der vielen Gespräche zu einem Großteil der Zeit wirklich im Moment gelebt und bin dadurch an vielem nicht einfach vorbeigefahren, wie ich es sonst vielleicht getan hätte, sondern habe versucht die kleinen Dinge und Begegnungen aktiv mit Offenheit zu suchen und bewusster wahrzunehmen. So war ich auch unterwegs auf einer Reise zu mir selbst, habe mich selbst besser kennen gelernt. Die Erfahrungen der zis-Reise haben mir ein stärkeres Selbstvertrauen gegeben, das Wissen, Herausforderungen allein und unabhängig gewachsen zu sein.
Ich habe gelernt, dass es auf einer solchen abenteuerlichen Reise keine Probleme gibt, sondern nur Herausforderungen und Chancen, die letztlich immer als wertvolle Lebenserfahrungen eine Bereicherung auf dem eigenen Lebensweg sind. Wegweisend war die zis-Erfahrung auch für meine Entscheidung Umweltwissenschaften zu studieren. Seit der zis-Reise spüre ich in mir immer wieder das Verlangen, wieder unterwegs zu sein, andere Lebenswelten kennen zu lernen,sich einem Thema ganz widmen und sich darauf konzentrieren zu können und voller Neugier das Unbekannte und Ungewisse zu suchen. Dieses „zis-Gefühl“ wird mich immer begleiten.