Lange habe ich darüber gegrübelt, welchem Thema ich mich bei einer zis-Reise widmen könnte. Ich wusste nur, dass ich wahnsinnig gerne eine machen würde.
Was interessiert mich überhaupt? Es war das erste Mal, dass ich wegen meiner zis-Reise mal genauer in mich hinein gehorcht habe. Am Frühstückstisch kam dann die Idee. Wie wäre es auf eine Schneckenfarm in Frankreich zu fahren? Essen und französische Sprache interessieren mich auf jeden Fall. Bevor ich auch diese Idee auf Grund irgendwelcher Zweifel wieder verworfen hätte, stand für mich schon alles fest. Via Internet und Email waren schnell mehrere Schneckenzüchterfamilien gefunden, die mich gerne für eine Zeit aufnehmen wollten.
Auch die Fahrt nach Frankreich stellte mich vor kein Hindernis. Mein Problem war nun eher das Unverständnis aus meinem Umfeld, warum ich mich gerade diesem Thema widme. Schon vor der Reise, aber vor allem nachdem ich zwei Monate durch Frankreich gereist bin, auf vier verschiedenen Farmen war, und die Menschen und deren Arbeit, kennen gelernt habe, war ich absolut genervt davon, dass nur wenige das Thema und meine Reise ernst nehmen. Wieder hatte ich etwas gelernt, obwohl ich noch gar nicht losgefahren bin. Neugierde und Offenheit, egal bei was, sind wahnsinnig wichtig.
Irgendwann ging es dann endlich los! Ich war so gespannt, da der ganze Bereich Schneckenzucht auch für mich absolutes Neuland war. Wie sieht so eine Schneckenfarm eigentlich aus? Und was muss ich dort machen? Tausend Fragen, und ich konnte es gar nicht erwarten, endlich ein paar Antworten zu haben. Mein erster Tag auf der ersten Farm war eine gefühlte Woche, wenn nicht sogar ein Monat! Gleich die erste Familie, zu der ich kam, war ein richtiger Glückstreffer. Sie haben sich wahnsinnig viel Mühe gegeben, damit ich ihre Schneckenfarm und alle dort so anfallenden Arbeiten kennenlerne. Also durfte ich Schnecken „ernten“, schlachten, zubereiten, bei Führungen auf der Farm mitmachen, zusammen mit der Familie Sommermärkte besuchen, wo die zubereiteten Schnecken verkauft wurden. Auch in ihrer Freizeit haben sie versucht, mich immer mit in ihr Familienleben einzubinden. Daneben haben sie mir genug Freiräume gelassen, damit ich auf eigene Faust die Gegend erkunden konnte. Eine Fahrradtour an der Dordogne, eine Kneipentour im Dorf, einen Ausflug zu den alten Vulkanen des Zentralmassivs, ein Besuch einer Käsemacherei im tiefsten Inneren der Berge, und noch so einiges mehr gehörte zu meinen Tagesplänen.
Die zwei Wochen vergingen viel zu schnell und ich dachte, so viel Glück kann ich nicht noch mal bei den anderen Familien haben. Es stimmte nicht. Die zweite Schneckenzüchterfamilie, die ich besuchte, war zwar ganz anders als die erste, aber mindestens genauso nett. Dort hatten sich die Eltern mit einem ihrer Söhne nach dem Ausbau der Farm zusammengeschlossen. Das Unternehmen wurde neu strukturiert, nach Jahren lebten wieder zwei Generationen unter einem Dach: Die Abende waren von langen Diskussionen geprägt. Verschiedene Vermarktungsstrategien wurden durchgekaut, und alle drei schlugen sich mit der Frage herum, ob es eine schlaue Idee war in dieser Konstellation, also Eltern und Kind, zusammenzuarbeiten.
Nach zwei Wochen habe ich dann mein Glück erneut auf die Probe gestellt und bin weiter Richtung Elsass zu zwei weiteren Farmen gefahren. Nach den vier Wochen auf den ersten beiden Farmen hatte ich langsam ein wenig Ahnung von meinem Thema und bin auch sprachlich richtig gut klar gekommen. Also habe ich mit den Besitzern den ganzen Tag über die verschieden Haltungs- und Zuchtmöglichkeiten der Schnecken diskutiert.
So war es auch für meine Gastgeber etwas Besonderes, dass jemand kommt, der schon auf anderen Farmen war und mit ihnen über verschiedene Möglichkeiten der Schneckenzucht reden will. Man muss dazu sagen, dass es ein sehr junger Beruf ist und es noch keine Ausbildung zum Schneckenzüchter gibt. In jeder Region und auf jedem Boden muss man selber herausfinden, auf welche Art und Weise sich dort Schnecken halten lassen, denn diese Tiere sind nicht so anspruchslos wie sie aussehen. Für sie war es also von großem Vorteil, mal zu hören, was für Lösungen andere Farmen gefunden hatten. So hatte ich auch das Gefühl, den Familien wenigstens ein kleines bisschen zurückzugeben für das, was sie mir ermöglicht haben.
Nach zwei langen Monaten musste ich dann schließlich doch wieder heim. Gefühlt bin ich aber noch eine ganze Weile in Frankreich geblieben, und vergessen werde ich diese Zeit bestimmt nie!